Ein Interview mit Doris Traudt – Expertin für Hochmobile Familien, Expats und Berufs-Wiedereinsteiger

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Viele Familien stehen heutzutage oft vor der Entscheidung, ob sie für eine Weile ins Ausland gehen wollen. Andere  haben schon im Ausland gelebt und stehen vor der Entscheidung, ob sie wieder nach Hause wagen sollen. Sprachbarrieren, Stress, Einsamkeit, Heimweh, innere Unruhe und das Gefühl der Überforderung sind typische Symptome für einen Kulturschock.

Doris Traudt ist Expertin für Hochmobile Familien, Expats und Berufs-Wiedereinsteiger. In diesem Interview beantwortet sie einige wichtige Fragen rund um das Thema Leben im Ausland und Rückkehr in die Heimat.

Was bedeutet Coaching für mobile Familien?

Doris Traudt: Coaching für mobile Familien wendet sich an Menschen, die man auch gerne als „moderne Nomaden“ bezeichnet. Das sind Familien, die für eine gewisse Zeit ins Ausland ziehen, meist um dort für einige Jahre als sog. „Expats“ zu arbeiten. Diese Gruppe ist in den letzten Jahren stark gewachsen und wächst immer noch. Längst hat man gemerkt, dass diese Menschen ganz besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Coaching hilft ihnen, Probleme zu lösen, die bei einem Umzug in ein anderes Land erfahrungsgemäß auftauchen.

Das Coaching richtet sich sowohl an einzelne Familienmitglieder, als auch an die ganze Familie. Zunächst einmal ist es wichtig, sich auf das künftige Gastland realistisch vorzubereiten. Ist es zum Beispiel wichtig, auch im zukünftigen Gastland Gleichberechtigung von Mann und Frau leben zu können? Dann sind  einige Länder als Gastländer wirklich einen Herrausforderung. Ist es mir wichtig, mein Privatleben dort genauso leben zu können wie hier? Dann gilt das Gleiche. Bin ich bereit, andere Kulturen auf mich wirken zu lassen? Wie stelle ich mir mein Leben dort vor? Ähnliches gilt übrigens auch für zurückkehrende Expats. Während ihres Aufenthaltes im Ausland haben sie sich vermutlich verändert. Wie kommen sie mit der „alten“ Realität in Deutschland zurecht? All diese Fragen spreche ich an.

Wie denken Sie, womit beginnt die Vorbereitung für einen Umzug?

Doris Traudt: Der erste Schritt ist die Entscheidung, ob man überhaupt gehen will. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die Partnerschaft. Und dies übrigens nicht nur für diejenigen, die sich entscheiden zu gehen. Sondern auch für diejenigen, die sich dafür entscheiden zu bleiben. Ich stelle also Fragen wie: „Was passiert, wenn wir gehen? Hast Du mich gezwungen, mein Leben hier aufzugeben?“. Oder aber: „Deinetwegen habe ich nie den Schritt nach draußen gewagt. Warum bremst Du mich?“. Ein weiterer Schritt ist, dass auf beruflicher Ebene sauber durchdacht werden muss, wie ein Arbeitsvertrag vor Ort aussehen soll. Ist eine Klausel enthalten, wie es nach dem Auslandseinsatz in Deutschland weitergehen soll? Wenn Kinder da sind: bietet der Arbeitgeber hier an, die Kinder auch nach der Rückkehr nach Deutschland in eine private Schule zu schicken? Es gibt eine Vielzahl von offenen Fragen.

Schließlich begleite ich durch mein Coaching das Leben dieser Familien während der die ersten Monate im neuen Land. Oder ich betreue sie nach der Rückkehr nach Deutschland.

Haben die Familien eine reale Vorstellung für ihr neues Leben, oder erleben sie meistens einen Schock nach dem Umzug?

Doris Traudt: Es ist jedes Mal neu, auch für Familien, die zum wiederholten Mal ins Ausland ziehen. Diejenigen, die zum ersten Mal rausgehen, erleben fast immer eine Art von Schock. Wobei: „Schock“ ist vielleicht ein zu großes Wort, das klingt nach Trauma. Ein Trauma aber ist das nicht. Ganz besonders wichtig ist es, dass man aufgefangen wird.

Normalerweise gibt es am Anfang eines Aufenthaltes zunächst eine Phase der Euphorie. Alles ist neu, alles ist spannend, es ist eine aktive Zeit des Ankommens. Nach ein paar Monaten kommt dann oft eine Phase der Ernüchterung. Der Alltag tritt ein, vor allem bei den mitgereisten Partnern, die keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen. Danach folgt eine Phase der Eingewöhnung, der Integration, gefolgt von der Phase der Vorbereitung auf die Rückkehr. Diese Phasen können anstrengend sein, müssen es aber nicht. In all diesen Phasen aber ist es wichtig, sich auf ein Coaching verlassen zu können. Manchmal genügt schon ein kurzes Impuls-Coaching. Ein riesiges Thema sind natürlich die Kinder: neue Schule, evtl. eine andere Sprache, Wertewandel, neue Kultur. Das ist für Kinder wie für Eltern gleichermaßen schwer, beide Seiten brauchen hier Hilfe.

Wie lange dauert normalerweise die Anpassungsperiode? Wie lange dauert es, bis eine Familie sagt: ‚Wir sind zuhause.‘?

Doris Traudt: Im Schnitt sagt man: ungefähr ein Jahr. Das kann natürlich stark variieren. Manche fühlen sich schon nach wenigen Wochen wie zuhause, manch andere sind selbst nach drei Jahren noch nicht angekommen. Es hängt auch davon ab, welche Hilfestellungen man findet. Sind die Bewohner des Gastlandes Fremden gegenüber aufgeschlossen? Spricht man die Landessprache, findet man leicht Anschluss? Gibt es andere Expats, die evtl. eine Community bilden, in der man sich wohlfühlt? Wenn all diese Faktoren nicht gegeben sind, ist ein Coach unerlässlich. Und selbst wenn es leichter ist, kann Impuls-Coaching schnell die richtigen Akzente setzen.

Können Sie uns etwas Interessantes aus Ihrer eigenen Zeit im Ausland erzählen?

Doris Traudt: Wir haben fünf Jahre lang in Südafrika gelebt. Mein Mann kannte das Land schon, hatte oft dort gearbeitet. Als wir aber unseren Sohn an seinem ersten Schultag in die neue (englischsprachige) Schule gebracht haben war es für meinen Mann so, als ob wir da erst den großen Schritt ins Unbekannte gehen würden. Das war sehr emotional. Für mich war es ein Jahr später ähnlich. Ich sah meinen Sohn, wie er bei einer Schulveranstaltung mit Inbrunst die südafrikanische Nationalhymne sang. Da wusste ich, dass er angekommen war. Die deutsche Hymne kannte er nicht.

Kontaktdaten:

Doris Traudt
Liebigstraße 4
76135 Karlsruhe
Tel.: (07 21) 89 33 15 91
Mobil: 0157 86 79 82 15
Mail: info@iamhome.de